Weaving Codes – Coding Weaves

Pünktlich zum Start des neuen Projektes im September bin ich von Georgios Chatzoudis für das Wissenschafts-Portal der Gerda Henkel Stiftung befragt worden. Hier geht es direkt zum Interview auf L.I.S.A. Webstuhl im museum für Abgüsse, München

Weaving Codes – Coding Weaves führt meine Forschung aus dem Penelope-Projekt weiter und verbindet Antike Weberei und Live Coding. Das mit Alex McLean und Dave Griffiths konzipierte Projekt wird durch den Digital Transformations Amplification Award des Arts & Humanities Research Council gefördert und dauert 18 Monate.

Ein erstes Ergebnis: Mäander gewoben von Alex McLean mit gibber .

Besuch aus Grönland

photo_sermitsiaq

Vortrag zu Weberei und Mathematik in der Bibliothek des Zentrums für Textilforschung, Kopenhagen. Ellen Harlizius-Klück stehend, links.

Nuuk-København-Nuuk war die Route einer Gruppe von Studenten aus Grönland, die im letzten September das Zentrum für Textilforschung besuchten, als ich dort mein Marie-Curie-Projekt durchführte. Nun berichtet die grönländische Zeitung Sermitsiaq ausführlich über diesen Besuch. Das Foto zeigt mich bei meinem Vortrag zu “Weberei und Mathematik”. Auf der Leinwand rechts sieht man ein Mäandergewebe, das ich im Rahmen der Forschungswerkstatt in Bramsche 2009 gewebt hatte und für das dass Alex McLean kürzlich ein gibber-script geschrieben hat (siehe Foto unten).

Den vollständigen Artikel (allerdings auf Grönländisch) gibt es hier: Avisartikel_Sermitsiaq_01_2014.

Meander "Woven" with gibber by AlexMcLean

Shuttle – A course for an Innovative Culture of Weaving

Work of Ellen Harlizius-Klück

Work of Ellen Harlizius-Klück in shuttle exhibition

In the last year, eight students from different countries met five times to learn and work with their ideas on power dobby and Jacquard looms. I was one of them and really enjoyed the five week-long modules where we met and struggled with CAD programs and noisy machines, at first with respect but in the end we often managed to outsmart them (with the help of the technicians from the Haslach Centre for Textile Culture) and make them do things that were not supposed to be done with them.

The results are now on display in the little event hall of the Centre for Tourism and Culture in Halsach accompanied by two weeks of smaller weaving couses and a huge weaver market next weekend (19th and 20th of July).

Within this course I took the opportunity to weave music code that was transferred into graphics files by Alex McLean using Peano-curves and you can see the result on the photos. On the left tere is a Jacquard-cloth including repeats of the whole code and on the ground a dobby weave with structures taken out of the accidental thread crossings of the woven code.

Detail with portfolio

Detail of Exhibition with Portfolio of Ellen Harlizius-Klück

Exhibition dates
15. – 25. July 2014:
Tuesday-Sunday 10-16
Saturday 19th and Sunday 20th July: 10-18
Kleiner Veranstaltungssaal (Little Event Hall)
TuK-Vonwiller (Tourism and Culture Centre Vonwiller)
Stelzen 16
4170 Haslach
Austria

The next shuttle course will start in autumn 2015. For more information see the English website of SHUTTLE

Participants
Fiona Crestani
Ellen Harlizius-Klück
Lucia Schwalenberg
Christel Heimbucher
Hedi Ludwig
Waltraud Münzhuber
Sibylle Sayer
Siiri Sion

Artistic advisors
Marga Persson
Tim Parry-Williams
Ismini Samanidou
Lia Cook

Technical advisors
Andreas Selzer
Elisabeth Stötzler
Ulrike Alps

Organisation
Christina Leitner
Martina Lehner

Start in Kopenhagen

NDetail der Brettspieleramphora des Exekiasach dem Setup des Periphron Penelopeia Projektes in Neuss und München bin ich nun seit fast einer Woche und für ungefähr zwei Jahre in Kopenhagen. Mein Apartment ist in Østerbro direkt am Fælledparken mit dem nationalen Fußballstadion, mein Arbeitsplatz an der Humanistischen Fakultät der königlichen Universität Kopenhagen am Centre for Textile Research.

In München war ich auf der Suche nach Vasenbildern, die mir etwas über die Webtechniken verraten könnten. Die berühmte Amphora des Exekias im Vatikan zeigt zum Beispiel scheinbar auf beiden Seiten der Mäntel der dargestellten Krieger das gleiche Muster. Doch sieht man genauer hin, so stellt man fest, dass der Saum auf der Innenseite anders gemustert ist als auf der Außenseite. Zufall? Ich glaube nicht. Meistens mustern die Maler die Innenseite der Stoffe gar nicht. Manchmal nur innnen wie außen.

Das Vasenbild (hier habe ich eine Umzeichnung von Reichhold verwendet) ist auch in meiner Präsentation des Rechensteinbeweises zur Inkommensurabilität im Quadrat zu sehen: www.praetexta.de/psephoi/start.html. Auf irgendeine Weise scheinen die Brettspielervasen eine Verbindung zu dem Quadratmuster zu haben, das in der antiken Weberei so oft vorkommt. Vielleicht weil es die Einteilung des Spielfeldes zeigt? Viele antike Spiele haben Spielbretter mit solchen Linienmustern, z.B. Alquerque, Ludus latrunculorum oder Hefnatafl (von links nach rechts).

    

Und sind nicht auch die Mäntel der Krieger nach einem solchen Schema eingeteilt?

Digitales Weben

Die Bröselmaschine in HaslachDass die Lochkartentechnik des Jacquardwebstuhls für die Entwicklung der ersten Computer entscheidend war, ist mittlerweile bekannt. Weniger bekannt ist, dass die zugrundeliegende duale Arithmetik schon immer ein Charakteristikum der Weberei war, und dass diese Arithmetik in der Antike die reine Mathematik begründete. Im neuen Heft weben+ wird diese Geschichte erzählt und illustriert. Dort gibt es auch Fotos der Bröselmaschine: einer digitalen Webstuhlsteuerung, die wesentlich älter ist als die Erfindung Jacquards.
Ellen Harlizius-Klück: Arithmetik und Weberei – Von Penelopes Webstuhl bis zum Computer, in: weben+, 55. Jg., Heft 2/2011, S. 10-17. Einzelheft für 9€ zuzügl. Porto, zu beziehen über: Inge Seelig, Werkhof Kukate, 29496 Waddeweitz.

Am Saum der Mathematik

Snake KolamAm 18. Januar halte ich an der Universität Frankfurt einen Vortrag über die Frage, ob und wie Mathematik und Kultur zusammenhängen. In Frankfurt arbeiten Mathematikdidaktiker und Kulturanthropologen zusammen in einem Lehrprojekt, das sich mit der kulturellen Macht mathematischer Darstellungen auseinandersetzt. Ein Beispiel: Nebenan sieht man einen computergenerierten snake kolam. Kolams sind Zeichnungen aus Reismehl, die in Südindien von den Frauen täglich neu auf die Schwelle des Hauseingangs gezeichnet werden (vgl. Marcia Ascher). Allerdings ganz ohne Computer. Die Zeichnungen wurden in der Mathematik zur Zeit der Fraktale in den 90er Jahren populär (das Script zum Erzeugen der Kurve gibt es im Internet bei Paul Burke).

Der oben gezeigte snake kolam entspricht exakt der Kurve der Naht, die den Nine Patch Quilt zusammenhält, den ich in den 90er Jahren gemacht habe, um zu verdeutlichen, dass schon in traditionellen textilen Arbeiten die Algorithmen stecken, die erst später in der Mathematik formalisiert werden. Der Quilt ist 150×150 cm groß und wird im Mittelpunkt der Ausstellung “Textile Matrix” stehen, die ich für das Museum für Abgüsse in München vorbereite. Die meisten Beispiele im Frankfurter Vortrag werden aus der Mathematikgeschichte stammen: Mittwoch, 18. Januar 2012, 18 Uhr, Robert-Mayer-Straße 10 (Raum 711). Hier folgen Titel und Abstract.

Objektivitätsanspruch und symbolische Macht.
Eine Spurensuche am Saum der Mathematik.

Seit Platon wird zwischen reinem und angewandtem Wissen unterschieden und die Mathematik als Paradebeispiel reinen Wissens tradiert. Während die kompromisslose Abspaltung der Mathematik von alltäglichen Handlungen in der Antike deren Anspruch auf universale Gültigkeit begründete, scheint es heute eher umgekehrt zu sein: “Alles ist Zahl!” ist eher der Schlachtruf derer, die die Mathematik mit der Praxis verzahnen wollen, um so genannte Schlüsseltechnologien voranzubringen: “Ohne Mathematik würden wir immer noch hinter dem Mond leben, anstatt auf ihn zu fliegen.” (Deutschlandradio Kultur im Jahr der Mathematik 2008)

Doch es gibt Gebiete, in denen dieser Geltungsanspruch mit der impliziten Dimension praktischen Wissens kollidiert. Solche Fälle “destruktiver Analyse” (Michael Polanyi) scheinen marginal und unerheblich und sind kaum in der Lage, den Objektivitätsanspruch ins Wanken zu bringen, der mit der Mathematik verbunden wird. Der Vortrag arbeitet anhand solcher Beispiele heraus, worauf dieser Objektivitätsanspruch historisch beruht, welche Wissensformen er marginalisiert und stellt zur Diskussion, ob nicht gerade am Rand dessen, was wir Mathematik nennen, erst zu verstehen ist, wie und warum Mathematik funktioniert.

Pepita kommt

Bildschirm mit Pepita-MusterIm Sommer 2012 zeigt das TuchmacherMuseum in Bramsche eine Ausstellung zu Pepita- und Hahnentritt-Mustern. Das schwarzweiße Stoffmuster ist derzeit sogar auf Taschenmessern und Fingernägeln zu sehen. Wegen seiner Moiré-Effekte ist Hahnentritt beim Fernsehauftritt tabu, es sei denn, man macht es wie Lady Gaga und trägt die gemalte Variante.

Die Ausstellung soll nicht nur erklären, warum der Moiré-Effekt entsteht. Sie zeigt auch die Entstehung des Musters selbt und zeichnet seine Verbreitung nach. Zusammen mit Annette Hülsenbeck erarbeite ich zur Zeit ein Konzept, suche Bilder und Filmschnipsel, Texte und Meinungen und – Musiknoten. Im Jahr 1853 hat Joseph Doppler drei Stücke für die spanische Tänzerin Pepita geschrieben, nach der das Stoffmuster benannt ist: eine Polka, eine Redova und einen Galopp. Und nach den Noten für Polka und Redova suche ich noch.